An_der_Universitaet_2.jpg

Seminar: Kulturen der Flucht

Kulturen der Flucht: Ethische und mediale Annäherungen an die Flüchtlingskrise

 

Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird. (Bertolt Brecht)

 

Bertolt Brechts zu Beginn der 1940er Jahre verfasste Dialoge in Flüchtlingsgespräche, Berichte aus dem Alltag der aus Deutschland Vertriebenen, zu denen der Autor selbst gehörte, sind von überraschender Aktualität. Wie können die Würde und die Freiheit des Menschen zwischen Welten und fern der Heimat erhalten bleiben? Das Seminar versucht, diese Frage zu beantworten, indem es zunächst ein weitreichendes Instrumentarium aus theoretischen Argumenten, Texten und Kunstwerken erarbeitet. Dabei stehen vor allem die Verflechtung von persönlichen und politischen Entscheidungen sowie die damit einhergehende Moralsemantik im Vordergund. Konkret: Wie schlagen sich die Auswirkungen von Migrationspolitik in unterschiedlichen –  etwa mexikanischen oder aber syrischen und ostafrikanischen – Flüchtlingsschicksalen nieder? Welche Werte prägen den Umgang mit Differenz im westlichen Diskurs? Nicht zuletzt werden wir erproben, mit welchen dramaturgischen und stilistischen Mitteln Empathie bzw. Distanz erzeugt werden und welche sozialpolitischen Folgen dies nach sich zieht. Zeitgenösische Reflexionen der Flüchtlingskrise in Literatur, Film und Fotografie werden über die Spannung von Heimat und Fremde Aufschluss geben, auch kanonische Werke sollen aus dieser Perspektive neu beleuchtet werden. Orientieren wird sich das Seminar – zusätzlich zur Kerntheorie ethischen Handelns und zur Entstehungsgeschichte der Menschenrechtsdiskurse – an zwei für das Thema Flucht einschlägigen Kulturräumen: Europa und Nordamerika.